Die Ev. Christuskirche im Zentrum der Kreisstadt wird seit mehr als 60 Jahren von Chören und Musikensembles der Region als konzertanter Klangraum geschätzt. Nun wird die Kirche mit ihrem Tonnengewölbe zu einem philharmonischen Begegnungszentrum und akustisch ansprechenden Resonanzraum für mehr als 500 Menschen weiter ausgestaltet. Die Nutzung als Gotteshaus bleibt davon unberührt.
Seit zwei Jahren musste die große Walcker-Orgel mit ihren 33 Registern und mehr als 2000 Pfeifen wegen Brandgefahr schweigen. Nun aber wird sie wieder in Wert gesetzt und erweitert. Und zusätzliche Licht-, Ton- und Video-Installationen werden schon im Mai begonnen, so dass der Kirchenraum noch attraktiver für Musik- und Kulturveranstaltungen sein wird. Das umfassende Bau- und Bildungsprojekt hoffen wir im Frühling 2021 abschließen zu können.
Vielseitige Unterstützung
Viele Chöre und Musikensembles von nah und fern hatten im Vorfeld für dieses EU geförderte Projekt plädiert, ebenso die Lokale Aktionsgruppe Westerwald-Sieg. Allein hätte die Kirchengemeinde diese Öffnung des Gotteshauses nicht finanzieren können. Umso dankbarer sind wir, dass es durch das EULLE-Entwicklungsprogramms des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums im Rahmen des Europäischen LEADER-Prozesses großzügig gefördert wird.
Klangvielfalt als Programm
Kirchenmusikalische Aufführungen, wie Messen oder Kantaten, aber auch andere Konzerte in neuem Klang- und Beleuchtungsformat sind geplant. Als Alleinstellungsmerkmal der Konzertkirche wird ein zusätzlicher mobiler Orgelspieltisch gebaut, der sogar vom Schlossplatz aus das große Instrument zum Klingen bringen kann. Ferner eröffnet er neue konzertante Möglichkeiten bei größeren Aufführungen mit Chor und Orchester und bietet neue Klangfarben im Altarraum – ein Novum für den Orgelunterricht.
Klang, Gesang und mehr
Schüler und Schülerinnen aller Altersstufen, aber auch Erwachsene können zukünftig durch Führungen und Vorträge an das „Weltkulturerbe Orgelbau und Orgelspiel“ herangeführt werden. Die Kirchengemeinde versteht das Projekt auch als „Beheimatungsangebot“, das eine Identifikation mit der Region fördert und einen Klangraum für das musikalische Engagement der Menschen bieten kann. Denn allein schon in der alten VG Altenkirchen gibt es 42 Chöre und Gesangsvereinigungen. Die Konzertkirche wird dementsprechend nicht nur für Auftritte der Kantorei, sondern auch verstärkt für konfessionsungebundene Chöre, Orchester, Ensembles, Bands oder Jazz-Formationen und Organist*innen offen stehen. Regionale, überregionale und internationale Musiker*innen können werden für Konzerte im „Klangraum Christuskirche“ eingeladen werden.
Bereichernde Öffnung
Außerdem planen wir, mit „Orgelklang am Markttag“ ein neues regelmäßiges Angebot einzuführen – soweit Musikerinnen und Musiker die Gelegenheit nutzen mögen, die festliche Orgel, das neue E-Piano oder weitere Instrumente in der Konzertkirche erklingen und bei Gelegenheit sogar auf den Schlossplatz übertragen zu lassen. Mit dieser Nutzungserweiterung möchte die Kirchengemeinde – gerade in Pandemie-Zeiten – den Blick auf eine Zukunft lenken, in der Musik als Lebensmittel wieder Menschen bewegen kann.
Orgelsanierung als Baustein zur Konzertkirche
Welche Vielfalt zum seltenen Beruf eines Orgelbauers gehört, zeigt sich derzeit in der Evangelischen Christuskirche
Seit Jahresbeginn rückt hier die Orgelbaufirma Merten aus Remagen für mehrere Monate der großen Kirchenorgel zu Leibe. Und das aus gutem Grund, musste doch das 35 Register und etwa 2000 Orgelpfeifen umfassende Instrument vor zwei Jahren stillgelegt werden. Die weitverzweigte Elektrik entsprach nicht mehr den Brandschutzstandards und wird nun vollständig ersetzt. Vier Fachkräfte, unter ihnen der Seniorchef des Unternehmens, Orgelbaumeister Siegfried Merten, haben begonnen, das Instrument vollständig zu demontieren, zu sanieren und zu erweitern.
Das Gesamtvorhaben wird sich bis in den April dieses Jahres hinziehen. Zu den Arbeitsschritten gehören Arbeiten am Gehäuse und Renovierung des großen Spieltisches, die Überarbeitung der drei Manuale, des Pedals sowie der Trakturen, also der Wege von den Tasten bis zur einzelnen Orgelpfeife. Bei dieser Orgel mit pneumatischer Spiel- oder Registertraktur muss das sog. Windwerk sowohl den Arbeitswind bereitstellen, der die Ventile zu den 2000 Pfeifen reguliert, als auch den Spielwind, der den Klang in den Metall- oder Holzpfeifen erzeugt.
Außerdem werden die Fachleute ein großes zusätzliches Register, also eine große Holzpfeifen-Tonleiter über mehrere Oktaven, neu hinzufügen. Beim Blick in das kompakt gebaute große Instrument stellte sich jedoch die Frage, wo die zum 16-Fuß-Register gehörenden riesigen Einzelpfeifen noch untergebracht werden können. Das Planungsproblem haben Siegfried Merten und sein Nachfolger, Orgelbaumeister Martin Hiltmann, mit einem Kniff gelöst: Die bis zu fünf Meter langen Pfeifen werden quer, also liegend, im hinteren Teil des Instruments eingebaut.
Als i-Tüpfelchen erhält die Orgel einen zweiten, mobilen Spieltisch, der im Altarraum, aber auch outdoor auf dem Schlossplatz bespielt werden kann und der die Signale an das in der Kirche fest verbaute Instrument überträgt. Und zeitgleich kann der originale Raumklang aus dem Kirchenschiff wiederum per Mikrofon und Soundanlage nach draußen transportiert werden – eine Installation, die vielleicht sogar weltweit einmalig ist.
Kreativ verfährt das Unternehmen übrigens bei der Berufsausbildung. So wurde es durch das Bundesnetzwerk „Berufsbildung ohne Grenzen“ unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ausgezeichnet, weil es sich für Auslandsaufenthalte während der Berufsbildung und damit für eine Internationalisierung und Attraktivitätssteigerung dieses seltenen, aber nicht aussterbenden Berufs engagiert.
Die Evangelische Kirchengemeinde hofft nun, mit der Fertigstellung der Orgel im Frühling eine weitere Etappe des Vorhabens Konzertkirche zu erreichen. Ohne die Förderung durch die EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und durch das Land Rheinland-Pfalz hätte die Kirchengemeinde dieses Projekt einer Öffnung der Christuskirche zur Konzertkirche nicht angehen können. Nun fiebern die Gemeinde und etliche Musikbegeisterte bereits dem Zeitpunkt entgegen, an dem endlich mit der Ausrichtung von eigenen, regionalen und überregionalen Gastkonzerten begonnen werden kann. Dann könnten auch die bereits installierten neuen Licht-, Ton- und Video-Möglichkeiten die Konzerte ästhetisch rahmen. An Kulturhungrigen scheint es regional zumindest nicht zu mangeln.
Werner-Christian Jung
Sie spielt wieder!
Nachwuchs-OrganistInnen durften sie vor kurzem schon ausprobieren, jetzt sind die mehrmonatigen Arbeiten an unserer Orgel abgeschlossen. Am vergangenen Donnerstag, also an Himmelfahrt, brachte sie unser Kantor Achim Runge, der nach längerer Krankheit wieder da ist, erstmalig im Gottesdienst wieder zum Klingen: Unsere Orgel spielt wieder!
Drei Jahre hat unsere große Walcker-Orgel nun geschwiegen, nachdem sie im Sommer 2018 wegen akuter Brandgefahr ganz plötzlich stillgelegt werden musste. Seitdem ist viel passiert: Durch eine erfolgreiche Antragsstellung an das EULLE/LEADER-Programm der Europäischen Union waren wir in der Lage, unsere Kirche mit zusätzlichen Licht-, Ton- und Video-Installationen zur Konzertkirche weiter zu entwickeln, so dass sie noch attraktiver für Musik- und Kulturveranstaltungen aller Art sein wird.
Auch die Orgel konnte durch Einbau eines neuen Bass-Registers, Erneuerung der gesamten Orgelelektrik, durch eine moderne elektronische Setzeranlage und einen allgemeinen „Frühjahrsputz“ wieder vollständig in Wert gesetzt werden. Kita-Kinder sowie Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen konnten schon während der Bauzeit durch Führungen und Vorträge an das „Weltkulturerbe Orgelbau und Orgelspiel“ herangeführt werden, weitere Bildungsprojekt sind geplant.
Wer also an Himmelfahrt in die Kirche gekommen war, konnte den den tollen neuen Klang live erleben. Aber man konnte die Übertragung auch zu Hause genießen und kann es noch immer.